Oft sind es nicht nur schwierige Situationen, die uns an die Grenzen bringen, sondern auch Verhaltensweisen von Mitarbeitenden, die wir so gar nicht nachvollziehen können. Dann geht es jedoch nicht nur um das Verhalten, sondern auch um unerfüllte Bedürfnisse – bei anderen und bei uns selbst.
In diesem Artikel erfährst du, wie du als Zahnärztin mit einem kurzen Perspektivwechsel mehr Leichtigkeit, Verbindung und Führung auf Augenhöhe in deine Praxis bringst. Denn Führung beginnt dort, wo wir aufhören zu bewerten – und anfangen zu verstehen.
Mein Workshop-Erlebnis ist ein gutes Beispiel dafür: Ich saß wieder mitten in einem engagierten Leitungsteam. Mit dabei meine Flipcharts, die bunten Marker und ein Kaffee – unser Thema an diesem Tag: Gesunde Führung. So liebe ich das!
„Was soll das jetzt schon wieder?“ – Wenn der Geduldsfaden dünner wird
Wir sprachen über Rollenverständnis, Erwartungen an sich selbst und darüber, wie unterschiedlich Persönlichkeiten kommunizieren. Und dann stellte ich eine dieser einfachen Fragen, die oft mehr auslösen als jeder Fachvortrag:
„Was müsste ich als Mitarbeitende tun, um dich so richtig an deine Grenzen zu bringen?“
Erst ein Moment Stille – dann flogen die Antworten nur so durch den Raum:
- „Kommt ständig zu spät.“
- „Stellt alles in Frage.“
- „Immer negativ.“
- „Widersetzt sich jeder neuen Idee.“
- „Denkt nur an sich, nicht ans Team.“
Wenn der Tag eigentlich schon voll ist – und dann kommt noch sowas
Vielleicht erkennst du hier auch den ein oder anderen Satz, den du dir schon mal gedacht hast – vielleicht nicht laut, aber innerlich mit Augenrollen. Gerade im Praxisalltag, wenn alles auf Kante genäht ist, reicht manchmal ein einziger Kommentar, und du merkst, wie sich dein Hals zuschnürt. Doch woran liegt das eigentlich?
Ich stelle mir in solchen Momenten oft eine zweite, unscheinbare Frage – die aber eine große Wirkung entfalten kann:
„Welches Bedürfnis könnte hinter diesem Verhalten stehen?“
Diese Frage stelle ich auch dem Leitungsteam. Zuerst: Schweigen. Dann beginnen die ersten Überlegungen:
- „Vielleicht braucht sie mehr Sicherheit.“
- „Er will gesehen werden.“
- „Sie will zeigen, dass sie ihren Job gut macht.“
Was vorher auf den ersten Blick wie Trotz oder Widerstand wirkte, bekommt auf einmal ein anderes Gesicht. Die Stimmung im Raum verändert sich. Es wird weicher. Verständnisvoller.
Und was ist mit mir? Warum triggert mich das eigentlich?
Diese Frage ist mindestens genauso spannend: Was wird in mir berührt, wenn mich das Verhalten anderer triggert?
Denn jedes Mal, wenn du auf eine bestimmte Art reagierst – mit Genervtsein, mit Ärger oder Frust – ist auch das ein kleiner Hinweis auf dein eigenes Bedürfnis. Vielleicht:
- Du brauchst Zuverlässigkeit, weil du sonst das Gefühl hast, den Überblick zu verlieren.
- Du wünschst dir Respekt – und spürst ihn nicht, wenn jemand alles infrage stellt.
- Du brauchst Teamgeist – und empfindest Egoismus als Gefahr für das Ganze.
Das Verhalten der anderen triggert also nicht einfach nur dich. Es stößt etwas an, das dir selbst wichtig ist.
Und genau das ist der Wendepunkt.
Raus aus der Reaktion – rein in die echte Führung
Was passiert, wenn du beim nächsten Mal nicht sofort in den Widerstand gehst, sondern dir innerlich kurz den Raum nimmst? Vielleicht nur für einen kleinen Moment – um zu fragen:
- Was fehlt hier gerade – auf beiden Seiten?
- Was braucht die andere Person wirklich?
- Und was brauche ich?
Du musst das Verhalten nicht gutheißen. Du musst damit nicht einverstanden sein. Aber du kannst anerkennen, dass hinter Verhalten immer Bedürfnisse stehen. Das ist der erste Schritt zu echter Führung – nicht aus der Emotion heraus, sondern mit Haltung.
Führung ist kein perfektes Funktionieren
Am Ende des Workshops hatte jeder Teilnehmende den persönlichen „Trigger“ identifiziert – und eine kleine Liste mit möglichen Bedürfnissen beim Gegenüber formuliert. Das allein hat schon viel verändert.
Und auch wenn es nicht immer gelingt – mit jedem Mal wird es leichter.
Führung ist kein perfektes Funktionieren, sondern ein bewusstes Gestalten und auch Zulassen von Emotionen.
Vielleicht nimmst du aus diesem Artikel genau das mit: Die Einladung und die Zeit, dich selbst und dein Gegenüber besser zu verstehen.
Denn wer sich selbst gut führen kann, führt auch andere klarer, empathischer und gesünder.
Berichte mir gerne von deinen Erfahrungen. Bis dahin herzliche Grüße
Hanka
PS: Im Herbst geht’s weiter
Im Herbst startet wieder mein Kurs „Wohl:Führen“. Wenn du Lust hast, noch tiefer in diese Themen einzutauchen – Bedürfnisse, Kommunikation, Haltung – und mehr Leichtigkeit in deine Führungsrolle zu bringen, dann trag dich auf die Interessentenliste ein. Du bekommst alle Infos rechtzeitig vorab.
Bild: diignat / shutterstock.com

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